Seiten

Freitag, 31. August 2012

Foxtrott 4

Nach langer Zeit habe ich wieder ein Buch über den Einsatz in Afghanistan in die Hand genommen: "FOXTROTT 4 - Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan" von Jonathan Schnitt.
Jonathan Schnitt ist ein Journalist aus Hamburg, der mit Unterbrechungen ein Gruppe von Panzergrenadieren des Standortes Munster auf ihrem Dingo in der Region Kunduz sechs Monate lang begleitet hat. Die Männer waren hauptsächlich außerhalb des Feldlagers unterwegs. Orte die genannt werden sind u.a. das PHQ Chahar Darreh, die Höhe 432, und die Orte Isa Khel und Nawabad.

Das Buch war für mich anfangs etwas holprig zu lesen. Sachlich nüchtern geschrieben. Irgendwie passt aber gerade dieser Stil. Männer, Soldaten, Krieg. Ich hatte den Eindruck, dass es gerade dadurch gut gelingt, die Stimmung und auch das Gefühl "Einsatz" zu vermitteln.
Genauso wie bei jedem Einsatz aus der "Heimatfrontsicht" blieb bei mir nach dem Zuklappen des Buches eine Distanz, die sich in etwa so anfühlt, wie die Kluft, die bleibt, wenn mein Soldat nach Hause kommt. Ganz verstehen, greifen oder mitfühlen kann ich die Einsatzwelt einfach nicht. Ich war nicht dabei.

Der Autor bemüht sich um Objektivität, refektiert diese und zieht abschließend das Fazit, dass es kaum möglich ist neutral zu bleiben, wenn man einen Trupp von Soldaten so nahe und so lange begleitet.  "Es ist wie gesagt, eine Perspektive von vielen, die der deutschen Soldaten, die der Task Force Kunduz von Juli 2011 bis Januar 2012. Und innerhalb dieser ist es natürlich auch nur meine Perspektive. Nicht mehr, aber auch nicht weniger." (Jonathan Schnitt, S. 207-208)

Mir persönlich geht ein Satz nicht mehr aus dem Kopf, den ich immer wieder in mir drehe und wende: "Jeder der nach Afghanistan geht, mutet denen, die ihn lieben, genauso viel Krieg zu wie sich selbst." (Jonathan Schnitt, S. 144)

Mir gefällt das Buch, weil es in erster Linie dokumentiert und Bewertungen und Meinungen deutlich als solche kenntlich macht. Ich werde noch ein paar Tage darüber nachdenken müssen über diese Welt, die Jonathan Schnitt beschrieben hat und über das Ziel und den Preis dieses Einsatzes.


Am Di, 11. September 2012, 00.00 Uhr im NDR wir der zugehörige Dokumentarfilm "FOXTROTT 4 - Sechs Monate Afghanistan" (Erstausstrahlung) gezeigt.
Ich bin gespannt...
... und frage mich - wieder einmal - warum solche Filme unseren Mitbürgern anscheinend nicht zur normalen Sendezeit zugemutet werden können.


Wer vorher das Buch lesen möchte, hier ist der genaue Titel:

Jonathan Schnitt:
FOXTROTT 4
Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan
C. Bertelsmann-Verlag, München 2012

2 Kommentare:

  1. Hallo Mausohr,

    ich verfolge deinen Blog seit wir erfahren haben, dass mein Freund in den Einsatz muss. Bis dahin sind es noch ein paar Monate und das Verdrängen klappt bisher ganz gut, daher will ich mich auch gar nicht zu viel damit beschäftigen. Ich weiß aber, dass ich das nicht ewig aufschieben kann und bin immer froh über deine Empfehlungen (wie dieses Buch) und die Erfahrungen, die du mit uns teilst. Kompliment an deinen Blog und vielen Dank!

    Viele Grüße
    Silvana

    PS: Ich habe das Buch gleich bei Amazon rausgesucht ;). Mir ist aufgefallen, dass der Nachname des Autors "Schnitt" ist.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Silvana, dein "Verdrängen" kann ich gut verstehen. Die meiste Zeit mache ich das auch, sonst würde ich die Voreinsatzzeit gar nicht überstehen. Und das wichtigstes ist, das habe ich mittlerweile gelernt, sich die gemeinsame Zeit nicht zu sehr mit der Angst vor dem Einsatz zu verderben. Ich hoffe, dir und deinem Soldaten gelingt es, diese Zeit noch zu genießen!
      Und vielen Dank für dein Kompliment! Es macht mir einfach Freude hier zu schreiben und ich freu mich umso mehr, wenn es anderen hilft und Freude macht, hier mitzulesen und zu schreiben.
      Dank dir für den Hinweis mit dem Autor! Autsch, manchmal passieren solche Schnitzer...ich habs ganz schnell geändert - vielleicht hats ja keiner gemerkt...
      Liebe Grüße!

      Löschen